Die jährliche Atemschutzunterweisung haben wir in diesem Jahr kräftig „aufgepeppt.“ Kurz und knapp wurden die Kameradinnen und Kameraden zu den Einsatzgrundsätzen unterwiesen – am Ende des dann folgenden Ausbildungsblocks erhielten alle ein Merkblatt vom Atemschutzbeauftragten. Das Gehörte bleibt so besser hängen, wenn man es sich immer wieder nachlesen kann.
Atemschutzpraxis
Den Schwerpunkt bildete dann das praktische Arbeiten unter Atemschutz. Der Atemschutzeinsatz bietet zahlreiche Gefahren, denen wir nur durch intensive Ausbildung begegnen können. Die Vorbereitung auf das Unerwartete ist hierbei der wesentliche Bestandteil – und die größte Schwierigkeit, denn im Grund genommen ist das unmöglich. Die Lösung liegt darin, viele erforderliche Fertigkeiten und Kenntnisse so intensiv zu üben, dass der Atemschutzgeräteträger einen ganzen Werkzeugkasten an die Hand bekommt, aus dem er sich das Benötigte nehmen kann.
Um viel zu arbeiten und wenig herum zu stehen übten wir an drei Stationen parallel. Das Ausbilderteam hat sich dazu einiges einfallen lassen um die Übenden zu fordern.
Station 1 Fertigmachen für den Atemschutzeinsatz
Motivation der Auszubildenden:
Ihr seid an einer Einsatzstelle „Wohnungsbrand, Menschenleben in Gefahr. Es sind mehrere Ortswehren im Einsatz, aktuell ist euer Freund und Kamerad im Innenangriff und versucht als Angriffstrupp zu den Eingeschlossenen vorzudringen. Auf einmal hört ihr ein verzweifeltes
„Mayday..“
ihr schaut erwartungsvoll auf den bereitstehenden Sicherheitstrupp und seht dass der Trupp erst jetzt beginnt sich fertigzumachen.
Im Atemschutzeinsatz kommt es auf Sicherheit und auf Schnelligkeit an. Auch Trupps in Bereitstellung müssen ohne Verzug in den Einsatz gehen können.
An dieser Station ging es also um das ordnungsgemäße Anlegen der persönlichen Schutzausrüstung, von Maske und Atemschutzgerät. Um realitätsnah auszubilden erfolgte das komplette Ausrüsten in der Mannschaftskabine des Löschgruppenfahrzeugs. Das heißt: räumliche Enge auf der einen Seite aber auch viele helfende Hände und kontrollierende Blicke auf der anderen. Nach dem Befehl des Gruppenführers rüsteten sich die Atemschutzgeräteträger aus. Der Schwerpunkt lag dabei auf der Einsatzkurzprüfung.
Das Flaschenventil wird aufgedreht und der Fülldruck abgelesen.
Er darf 90% des Nenndrucks (300 Bar; 300 Bar * 6 l Flascheninhalt = 1800 l Atemluft) nicht unterschreiten, bei unseren Flaschen entspricht das einem Wert von 270 Bar (270 Bar * 6 l Flascheninhalt = 1620 l Atemluft).
Nun wird das Flaschenventil geschlossen.Dann erfolgt das Anlegen des PA sowie der Maske und der Flammschutzhaube/Hollandtuches, das Hochstellen und Schließen des Kragens, nachziehen der Maske.
Der Maskendichtsitz wird durch Zuhalten des Anschlussstücks mit der Hand geprüft, es muss ein Unterdruck entstehen und gehalten werden und darf keine Atemluft beim Einatmenversuch eingesogen werden (2-3 Mal wiederholen).
Beim Ausatmen muss die Luft trotz zugehaltenem Anschlussstück ungehindert entweichen.
Jetzt erfolgt der Blick auf Manometer: Es darf kein Druckabfall von mehr als 10Bar/min erfolgt sein. Der Funktionstest des Lungenautomaten schließt sich an, dabei wird der Druckentlastungsknopf gedrückt und die Luft bis ca. 60 Bar abströmen gelassen. Zuletzt kommt die Überprüfung des Ansprechdrucks der Restdruckwarneinrichtung dazu wird der Druckentlastungsknopf gedrückt und auf das Pfeifen der Restdruckwarneinrichtung geachtet.
Station 2 Atemschutznotfall
Bei einem Atemschutznotfall kommt es darauf an, sofort alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen um den betroffene Kameraden zu retten. Dabei hat sich als erste Vorgehensweise bewährt:
S Strahlrohr sichern
Zum Eigenschutz für sich und das verunfallte Truppmitglied um z.B. die Möglichkeit eines Rückzugs zu sichern und sich vor den Flammen zu schützen.
M Mayday absetzen
mayday; mayday; mayday
Hier <Funkrufname><Standort><Lage>
m a y d a y – kommen!
S in Sicherheit bringen
Damit ist gemeint, dass wenn möglich der/die zweite Kamerad/Kameradin das verunfallte/verunglückte Mitglied des Trupps aus dem Gefahrenbereich bringt bzw. ihn schützt.
Der Trupp bekam folgende Lage
„Zimmerbrand, kein Menschenleben in Gefahr“
und den Befehl
„Angriffstrupp zur Brandbekämpfung mit erstem Rohr durch die Tür vor“
Da noch kein Rauch zu sehen war ging der Trupp bis zur ersten Tür im Inneren vor. Schnell erkannten die eingesetzten Atemschutzgeräteträger, dass hinter der zweiten, verschlossenen Tür der Brandherd war und schlossen den Lungenautomaten an.
Der Trupp öffnete die Tür zum Brandraum und ging teilweise die Rauchgase kühlend vor. Auf einmal brach das Truppmitglied bewusstlos zusammen. Nun war der Truppführer gefordert, den Kameraden so schnell wie möglich aus dem Gefahrenbereich zu retten und den Notruf abzusetzen.
Beim Üben erkannten alle Teilnehmer die immensen Schwierigkeiten in denen sich der Trupp in solch einer Lage befindet. Da muss der Brandherd im Blick gehalten, Strahlrohr/Schlauch in den Griff genommen, der Kamerad gepackt und unter großer Kraftanstrengung wieder hinter die Tür in Sicherheit gebracht und dazu noch einen Notruf abgesetzt werden. Keiner, der dabei nicht ins arbeiten kam und in Stress verfiel.
Das folgende Video ist bei Youtube gehostet, um eine schnelle Ladezeit zu gewährleisten. (Youtube schaltet Werbung und verfolgt das Surfverhalten der Nutzen dies steht in keinem Zusammenhang mit der Feuerwehr Hechthausen)
Diese tolle praktische Ausbildung konnten wir nur deshalb durchführen, da uns das Hechthausener Unternehmen Dieter Freund einen alten Wohncontainer zum Üben zur Verfügung gestellt hatte. Der zweite Raum, wurde abgedunkelt und stellte den Brandraum dar – Euroblitzer, die mit einem Betttuch zugehängt wurden, simulierten den Brandherd.
Station 3 Anti-Stress-Training Atemschutznotfall – Probleme Luftversorgung
An dieser Station machten die die Atemschutzgeräteträger für den Einsatz fertig. Der Ausbilder schilderte dann die Lage, dass sich das Flaschenventil unbeabsichtigt schließt.
Danach schloss der Ausbilder auf Ansage „Ich drehe jetzt die Flasche zu…“ das Flaschenventil. Die Auszubildenden waren angewiesen, zu versuchen einzuatmen und dann das Flaschenventil wieder selbstständig aufzudrehen. Nach 15 Sekunden soll die Flasche wieder geöffnet sein. Der Ausbilder beobachtete die Auszubildenden dabei sehr genau und sollte bei Problemen oder wenn die Flasche nach 20 – 25 Sekunden nicht wieder geöffnet werden konnte eingreifen.
Die scheinbare Spielerei war eine echte Herausforderung für die Übenden. Das unangenehme Gefühl, dass plötzlich keine Luft mehr kommt – gar keine Luft nachdem man gerade ausgeatmet hatte und sich die Maske sich augenblicklich im Gesicht fest zieht, erzeugt jede Menge Stress.
Mit dieser Übung trainierten wir die Belastbarkeit unserer Atemschutzgeräteträger. Unbeabsichtigt schließende Flaschenventile (http://www.atemschutzunfaelle.eu/probleme/ventile.html) sind immer wieder Ursache von Unfällen und Beinaheunfällen im Atemschutzeinsatz. Hier übten wir den Reflex im Falle von Luftnot sofort das Flaschenventil zu überprüfen/öffnen
Durch die Arbeit an drei Stationen gab es sehr geringe Wartezeiten und alle waren laufend gefordert und beschäftigt. Nebenbei wiederholten die Übenden in den Diensten zuvor erlerntes und vertieften es so. Die Vorgehensweise beim Eindringen in einen Brandraum, den Einsatz der Bandschlinge bei der Türöffnung. Das Schließen der Tür zum Brandraum um eine Ausbreitung zu verhindern. Verschiedene Techniken um Kameraden zu retten. Darüber hinaus wurden junge Kameraden in der Führung der Atemschutzüberwachungstafel unterwiesen.
Nach diesem spannenden Tag hatten die übenden Atemschutzgeräteträger den ersten Ausbildungsblock unseres Atemschutznotfalltrainings absolviert.
09052015